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Der Glanz aus alten Zeiten verblasst

Juwelenfasser Jörg Wolf aus Langen-Bergheim sieht für sein Handwerk kaum goldenen Boden

Jörg Wolf hegt zwei große Leidenschaften: den Schmuck und das Tanzen. „Wenn meine Frau und ich beim Wiener Opernball sind, nutze ich gern die Gelegenheit, mir in der Hofburg die Kronjuwelen der Habsburger anzuschauen“, sagt der Langen-Bergheimer.

 „Ich könnte mich stundenlang in der Kunstfertigkeit der Stücke verlieren. Es fasziniert mich, dass die Handwerker mit ihren technischen Mitteln schon damals in der Lage waren, solchen Schmuck herzustellen. In einen einzigen Ring sind die Fertigkeiten und Erfahrungen von Generationen eingeflossen.“ 

Wolf wurde an der Hanauer Zeichen-akademie ausgebildet

„Die heutigen Absolventen der Zeichenakademie – immerhin eine der ältesten Goldschmiedeschulen in Europa haben nach sieben Semestern zum Teil nicht mal ein Stück Gold in der Hand gehabt“, beklagt Wolf. „Stattdessen werden berufsfremde Materialien wie Holz, Federn oder Leder verwendet. Es wird einfach zu viel künstlerisch und zu wenig handwerklich gearbeitet.“ 

Wolf selbst, der ebenfalls die Zeichenakademie absolvierte, erlernte sein Handwerk von der Pike auf.

Auszubildende müssten ermutigt werden, die Grenzen auszuloten

Als sein Vater früh verstarb, übernahm Jörg Wolf den Betrieb – mit nur 25 Jahren. „Ich hatte damals die Möglichkeit, in der Werkstatt meines Vaters mit all den kostbaren Materialien zu arbeiten“, ist sich Wolf bewusst. „Doch auch andere Lehrlinge meiner Generation wurden noch von den Eltern oder Großeltern unterstützt, damit sie sich die teuren Werkstoffe leisten konnten.“ 

Erinnerungen an die eigene Ausbildung

Auch wenn bei der Arbeit mit hohen Temperaturen mal etwas kaputtgehe, erschaffe man am Ende mit dem Schmuckstück einen neuen Wert. Dabei sei es durchaus legitim, auch mit dem Material zu handeln. „Wenn ich Stücke mit Platin, Gold und Edelsteinen verkaufe, erhöht das natürlich auch den Umsatz.“ Die Angst, zu scheitern, ist Jörg Wolf keineswegs fremd. 

Besonders stolz ist Wolf auf seine eigene Deutschland-Kollektion

Besonders stolz ist Wolf auf seine eigene Deutschland-Kollektion, die er anlässlich der Sommermärchen-Fußball-WM 2006 entworfen und patentrechtlich geschützt hat: Steine in Schwarz, Rot und Gold auf Weißgold. Beim Ausblick auf seine Zunft ist Wolf zwiegespalten. Die Hanauer Goldschmiede, Diamantschleifer und Juwelenfässern – von denen es in den 60er Jahren noch eine vierstellige Zahl an Werkstätten gegeben habe – hätten sich seinerzeit aus handwerklichem Stolz dem technischen Fortschritt verweigert und den Anschluss an Schmuckzentren wie Pforzheim oder Schwäbisch Gmünd verloren. 

Jörg Wolf hat aus seinen Erfahrungen gelernt. Mit seinem heutigen Geschäftsmodell ist er erfolgreich. Privatkunden treten mit Wünschen nach einem Ring, einer Brosche oder einem Ohrstecker an ihn heran, wünschen sich einen speziellen Stein oder ein Motiv. Goldschmiede oder Juweliere legen Entwürfe oder Rohlinge vor, auf deren Basis Wolf das Schmuckstück fertigt und Edelsteine einsetzt. So arbeitet er derzeit für eine Privatkundin aus Nordrhein-Westfalen an einer Vergissmeinnicht-Blüte, bestehend aus 148 Brillanten, Aquamarinen, soliden und einem gelben Saphir in der Mitte. Der Wert des fertigen Stücks liegt im fünfstelligen Bereich. 

Jörg Wolf: „In Deutschland hat unser Handwerk keine große Zukunft.“

Heute würden viele Schmuckstücke unter dem Mikroskop, statt mit der Kopflupe gefertigt. Damit ließe sich zwar präziser arbeiten, doch ob die Augen dies ein Arbeitsleben lang mitmachen würden, bezweifelt Wolf. Dem 3-D-Druck gehöre die Zukunft, da ist sich Wolf sicher.